Der Mann für schwere Aufgaben übernimmt in Kloten
Jeff Tomlinson hat sich mit Hartnäckigkeit sechs Jahre als Trainer der SC Rapperswil-Jona Lakers gehalten – bis in die Playoff-Halbfinals. Nun wechselt er in die Flughafenstadt.
So geht das heutzutage. In Rapperswil-Jona weiss der Deutsch-Kanadier Jeff Tomlinson schon früh in dieser Saison, dass er nach sechs Jahren als Chefcoach der Lakers gehen muss. Sportchef Janick Steinmann setzt auf schwedische Trainer. In Kloten weiss Per Hanberg, dass er nur bleiben kann, wenn er aufsteigt. Der EHC und der Schwede verpassen das Ziel mit einem 2:4 nach Spielen in der Swiss-League-Finalserie gegen Ajoie. Und die Zürcher Unterländer setzen auf einen Kanadier. Auf Jeff Tomlinson. Der 51-jährige kommt mit einem Einjahres-Vertrag in die Swiss League. Was durchaus seine Logik hat: Kloten plant, im ersten Jahr mit Tomlinson aufzusteigen, in zwei Jahren wieder in der National League aufzutreten. Die Zusammenarbeit soll langfristig sein, wie CEO Pascal Signer sagt.
Die Kontakte zum Deutsch-Kanadier bestanden schon länger, der EHC Kloten und er kamen einander näher und näher. Die Unterschrift wäre wohl schon früher offiziell geworden, wenn Tomlinson nicht so erfolgreich gewesen wäre in seiner letzten Lakers-Saison. Platz 10 nach der Qualifikation war nicht wirklich etwas Besonderes, das folgte erst im Playoff der National League. Zuerst, als es im Vor-Playoff darum ging, gegen den Siebtplatzierten zu bestehen. Die Lakers gewannen die Serie gegen Biel 2:1. Dann, als es im ersten Viertelfinal der Lakers-Geschichte seit 2008 darum ging, gegen den Qualifikations-Zweiten gute Figur zu machen. Die Lakers triumphierten in der Serie gegen Lugano gleich mit 4:1. Und im Halbfinal zwangen sie mit dem EV Zug den späteren Meister auf eine Zusatzrunde und unterlagen in der Serie mit 1:3. Das Saisonende kam mit der 3:6-Heimniederlage im Spiel 4 am 1. Mai.
In der Serie gegen Lugano fehlte Tomlinson in einem Auswärtsspiel wegen gesundheitlicher Probleme. Die Genesung ist gut vorangeschritten, im Sommer wird er sich weiter erholen können. In der Saison 2019/20 war der Mann, der perfekt Deutsch spricht, ausserhalb des Eisfelds in die Schlagzeilen gekommen: Ihm wurde eine Niere eintransplantiert, die sein Bruder spendete. Beim ehemaligen Stürmer war schon früh eine Zystenniere diagnostiziert worden.
Der 25. April 2018
Am 25. April 2018, kurz vor Mitternacht, hatte Tomlinson mit seinen Lakers nicht nur die Saison des EHC Kloten beendet, sondern mit dem letzten Sieg in der Liga-Qualifikation den Traditionsverein nach 56 Jahren aus der höchsten Klasse verdrängt und ins Elend gestürzt. Den Cup gewonnen, die Swiss League gewonnen, aufgestiegen – damit wurde Tomlinson zur grossen Identifikationsfigur in Rapperswil. Nun soll er auch in Kloten beweisen, dass er schwere Aufgaben meistern kann.
Die St. Galler hatten ihren Coach in Deutschland «ausgegraben», wo seine Arbeit an der Bande von mässigem Erfolg begleitet worden war. Nach seiner Zeit als Junioren-Trainer begann er bei den Eisbären Berlin als Assistent (ab 2007), er setzte seinen Weg als Chefcoach in Düsseldorf fort (2010 bis 2012), in Nürnberg wurde er in der folgenden Saison entlassen (und durch den ehemaligen ZSC-Ersatzmann Bengt-Ake Gustafsson ersetzt). Auch bei den Eisbären Berlin endete für ihn der seither letzte DEL-Winter (2013/14) vorzeitig.
Sutters steiler Aufstieg
An Jeff Tomlinsons Seite stand in den vergangenen zwei Jahren ein Schwede, der auch schon in Kloten gearbeitet hat. Doch Niklas Gällstedt kehrt nicht in die Swiss-Arena zurück. Tomlinsons Assistent wird Fabian Sutter sein. Der 38-Jährige spielte noch in der vorletzten Saison für Kloten. Danach begann er im Club im U-15-Nachwuchs, Ende Januar stieg er hinter Per Hanberg und Björn Lidström zum Trainer Nummer 3 des EHC auf. Und nun bekommt der Mann, der über 1000 Partien in der höchsten Liga bestritten hat, wieder ein Stück mehr Verantwortung.
Neu ins Klotener Trainerteam rückt der erst 22-jährige Thurgauer Tim Bertsche, und zwar als Goalietrainer und Video-Coach. In dieser Funktion ersetzt er Nando Adank, der nach Davos wechselt. Meistergoalie Reto Pavoni wird aber weiterhin zweimal pro Woche seine Erfahrung an die Torhüter weitergeben.
Acht Abgänge und zwei Vertragsverlängerungen
Neben der Besetzung der Trainerbank gibt der EHC auch Verlängerungen mit zwei Spielern bekannt: Dario Meyer und Juraj Simek bleiben ein weiteres Jahr in Kloten. Simek spielte bereits einmal unter Tomlinson, in der Saison 2019/20 bei den Lakers. Meyer kam während der vergangenen Saison aus Davos nach Kloten. Der EHC wird mit zwölf Stürmern plus einigen interessanten Nachwuchs-Angreifern (Lennart Markun, Harrison Schreiber, Noah Greuter), einem Junioren-Verteidiger (Vincent Despont) und dem Nachwuchs-Goalietalent Niels Riesen in die Vorbereitung gehen.
Umgekehrt werden acht Spieler den Club verlassen: die Verteidiger Victor Oejdemark, Laurent Kälin, die Stürmer Greg Halberstadt, Adrian Wetli, Marco Truttmann, Anthony Staiger, Riley Brace sowie Goalie Daniel Guntern. «Ein bis zwei Schlüsselspieler werden noch hinzukommen», sagt CEO Pascal Signer. Einer könnte Stürmer Robin Leone sein, der im Februar aus Lausanne nach Kloten zurückkehrte; eine Verteidiger-Position ist auch offen.
Trainingsstart nach Pfingsten
Am 25. Mai, dem Dienstag nach Pfingsten, beginnt Klotens Start in die nächste Saison. Und die soll jene werden, die sie dieses Jahr nicht war: Die Saison der Rückkehr in die National League. Ajoie ist nicht mehr der Gegner, dafür hat Visp mächtig aufgerüstet. Und Olten setzt mit Lars Leuenberger auf einen ehemaligen Meistertrainer.