Tagi Artikel | Marco Keller | Publiziert: 11.12.2022, 17:01
Die turbulente Woche und der erfüllte Jugendtraum
Koffer in Genf packen, in Kloten in der Garderobe einchecken und mit seinem Tor die Vorentscheidung beim 3:0 gegen seinen Ex-Club liefern. Keanu Derungs hat bewegte Tage hinter sich.
Er will wieder mehr den Takt angeben und zwingt hier sogar seinen ehemaligen Genfer Teamkollegen Linus Omark zu Defensivarbeit: Keanu Derungs.
Foto: Alexandra Wey (Keystone)
Schöner kann man einen Abend nicht ausklingen lassen. Noch minutenlang nach der Ehrung der besten Spieler feierte der Klotener Anhang seine Lieblinge, die sich natürlich zu einer Ehrenrunde aufgemacht hatten. Verständlich, den Leader bezwingt man nicht alle Tage und schon gar nicht ohne Gegentor. Was für eine Entwicklung für ein Team, das noch Ende September bei zwei Auswärtsspielen hintereinander total 16 Minustreffer zugelassen hatte.
Das 3:0 war letztlich klar, vielleicht war der Unterschied ein Tor zu hoch, aber die grössere Klotener Kaltschnäuzigkeit hatte sich ausgezahlt. «Wir waren defensiv solid, mit dieser Einstellung waren wir auch ins Spiel gegangen. Und wir haben unsere Chancen besser genutzt», bilanzierte Keanu Derungs denn auch Minuten später in den Katakomben der Stimo-Arena. Tatsächlich hatten auch die Gäste mit ihrem gewaltigen Offensivpotenzial gute Möglichkeiten gehabt, sie brachten aber den Puck kein einziges Mal an Juha Metsola vorbei. Für den Finnen resultierte so endlich der längst überfällige erste Saison-Shutout, höchst verdient nach 42 Paraden.
Freuen durfte sich auch Derungs. Er hatte kurz nach Beginn des letzten Drittels das vorentscheidende 2:0 erzielt. Dass auch ein wenig Glück dabei war, brauchte ihn nicht zu bekümmern. «Ich habe einen schönen Pass von Dario Meyer bekommen und wollte dann einfach so schnell wie möglich schiessen», schildert er jene Szene, «der Puck wurde dann noch zwei-, dreimal abgelenkt, aber ich war einfach glücklich, als er drin war.»
Für ihn war die Partie so speziell gewesen wie für keinen anderen Spieler. Noch am Montag war er ein Spieler von Genf-Servette gewesen, mit Vertrag bis 2024. Am Dienstag wurde die Vertragsauflösung bekannt gegeben und sein Wechsel zu Kloten, wo er einst die Juniorenstufen durchlaufen hatte. Es seien hektische Tage gewesen, blickt er zurück. «Ich musste alles packen und habe mich von meinen Kollegen verabschiedet. Das fiel mir nicht einfach, weil ich die Zeit in Genf sehr genossen hatte.»
Sportlich war es ihm aber nicht wie gewünscht gelaufen. Er kam auf nur 16 Einsätze im Starensemble, war aber oft nur 13. Stürmer, im Schnitt erhielt er pro Partie nur gerade 195 Sekunden Eiszeit. Natürlich viel zu wenig für einen ambitionierten Jungstürmer, und so wurde eine Lösung gesucht. Wie ein ausgebuffter Profi mag er nicht mehr auf die Gründe für den ausgebliebenen Erfolg in Genf eingehen. «Ich bin einfach sehr glücklich, dass ich mit Kloten eine sehr gute Lösung gefunden habe. Ich wollte schon für diesen Club spielen, als ich noch ein kleiner Junge war», sagt er und strahlt.
Er hat schon mehr als doppelt so viel Eiszeit
2019 war Keanu Derungs ausgezogen, um sein sportliches Glück in Nordamerika zu suchen. Drei Jahre spielte er dort in der kanadischen Provinz British Columbia für die Victoria Royals in der Western Hockey League und erzielte dort in 101 Partien 33 Tore und insgesamt 62 Skorerpunkte. Er blickt mit guten Gefühlen auf die Zeit in der Ferne zurück: «Es waren sehr schöne Jahre. Ich habe auf und neben dem Eis sehr viel gelernt und bin erwachsener und reifer geworden.»
Nun also die Rückkehr des ehemaligen U-20-Nationalspielers zu seinen Wurzeln und gleich im zweiten Spiel das Duell mit seinen bisherigen Kollegen. Keine einfache Affiche sei es gewesen, gibt er zu: «Ich habe versucht, es wie ein normales Spiel anzugehen, auch wenn es nicht einfach war, gegen so viele Gesichter, die ich kenne. Aber ich denke, mir ist ein gutes Spiel gelungen.» Zufrieden sein darf er auch damit, dass er von Jeff Tomlinson deutlich mehr Vertrauen erhält als vorher von Jan Cadeux, seine Eiszeit hat sich gegenüber Genf schon mehr als verdoppelt.
Es ist ein Einstand, auf dem sich aufbauen lässt. Derungs steckt sich realistische nächste Ziele: «Ich will einfach das Maximum herausholen mit dem Team, und zwar jeden Tag und mich weiterentwickeln.» Einen Anfang hat er bereits gemacht.