Dominic Duss auf tagesanzeiger.ch
«Wir verspüren keinen Druck, die Situation ist schön für uns»
Nach drei Spielen ohne Punkt steckt der EHC mitten im Kampf um die Pre-Playoff-Plätze. Headcoach Jeff Tomlinson steht mit seinem Team vor wegweisenden Auswärtspartien.
Aus zehn sind fünf geworden. Nach Verlustpunkten liegt der EHC Kloten gar nur noch zwei Zähler vor dem elftplatzierten Ambri-Piotta, denn er hat eine Partie mehr als die Tessiner gespielt – und als Fribourg-Gottéron auf Rang 6. Der Rückstand auf diesen Tabellenplatz, der den direkten Playoff-Einzug einbringt, ist nach Verlustpunkten auf acht Zähler angewachsen. Das ist das Ergebnis nach den drei jüngsten Spielen, in denen für den Aufsteiger nichts Zählbares herausschaute.
Zuerst musste sich Kloten in den beiden Derbys den ZSC Lions beugen. «Es waren die zwei erwartet knappen Spiele», kommentiert Jeff Tomlinson ihren Ausgang. Der EHC-Headcoach mag nicht mehr mit dem Schiedsrichterentscheid hadern, der am Mittwoch in der ZSC-Arena für den Spielverlauf derart entscheidend gewesen war. Beim 1:0 der Lions wurde Torhüter Sandro Zurkirchen von Denis Hollenstein touchiert, Tomlinson nahm die Coaches Challenge. Nach langem Videostudium bestätigten die Unparteiischen den Treffer. Die erfolglose Challenge führte zu einer Zweiminuten-Strafe, die dem ZSC prompt das 2:0 einbrachte. Kloten unterlag schliesslich 1:3.
Kopf hoch nach den Derbys
Vor dem zweiten Aufeinandertreffen der beiden Zürcher Teams am Freitagabend in Kloten publizierte die National League dann ein Communiqué, in dem festgehalten wurde, dass der Treffer zum 1:0 hätte annulliert werden müssen. «Es liegt eine visuelle Torhüterbehinderung vor», lautete die Begründung. «Wir haben sie so zur Kenntnis genommen», äussert sich Tomlinson dazu. «Leider haben wir das Spiel durch eine Schiedsrichterentscheidung verloren, das lag nicht in unserer Kontrolle.»
48 Stunden später verloren die Klotener dann das Derby daheim knapp, weil sie sich bis zur 8. Minute einen 0:2-Rückstand einhandelten. Und nach Dario Meyers Anschlusstreffer (34.) führten zwei Ausschlüsse im Mitteldrittel zu zwei weiteren Gegentoren. Der EHC kam zwar im Schlussabschnitt noch auf 3:4 heran, doch es reichte nicht mehr, um zu punkten. «Wir haben uns nicht versteckt, aber gemerkt, dass Züri eine andere Ausstrahlung hat», sagt Tomlinson rückblickend.
Die Strafen und das fehlende «Puckglück»
Das Spiel am Samstagabend beim Leader in Genf verlief ähnlich. «Wir nahmen Strafen, die wir nicht nehmen dürfen», bemängelt Klotens Cheftrainer. Servette nutzte die ersten zwei Powerplays im Startdrittel konsequent und legte 2:0 vor. «Unser Penaltykilling war nicht gut genug», so Tomlinson. Es wurde allerdings je länger je besser. Zwei weitere Ausschlüsse überstand der EHC, auch weil Zurkirchen im Tor glänzte. «Im zweiten und dritten Drittel zeigten wir mehr Kampfgeist, spielten sehr gut.»
Miro Aaltonens Anschlusstreffer bei Vier gegen Drei 18 Sekunden nach Beginn des Mittelabschnittes löste viel aus. Nur fehlte den Klotenern das «Puckglück», wie es Tomlinson nennt. Jonathan Ang bejubelte mit der zweiten Sirene den vermeintlichen Ausgleich. Doch das 2:2 des Topskorers wurde aberkannt, die Zeit war um eine Zehntelsekunde abgelaufen. Wäre die Scheibe direkt und nicht via Beinschoner von Goalie Mayer hinter die Linie geflogen, hätte das Tor gezählt. Die Zürcher rannten weiter aufopfernd an, ehe drei Sekunden vor Schluss der Empty-Netter zum 1:3 fiel.
Die Punkte nach Hause bringen
Erstmals seit Anfang Oktober punktete Kloten dreimal hintereinander nicht. «Das ist kein Grund, unsere Köpfe in den Sand zu stecken», betont Tomlinson. Schliesslich bleibt ihm die Erkenntnis: «Wir haben gegen zwei Topmannschaften der Liga sehr gutes Eishockey gespielt, leider nicht über 60 Minuten.» Das müsse sich nun ändern. «Vor allem, weil jedes Team die Finish-Linie sieht und alle um jeden Punkt kämpfen.»
Dass der Aufsteiger zehn Runden vor Qualifikationsende als Tabellenneunter auf Pre-Playoff-Kurs ist, damit hatte vor Saisonbeginn niemand gerechnet. «Wir sind sehr froh, dass wir überhaupt in dieser Position sind», streicht der Erfolgscoach hervor und ergänzt: «Wir verspüren keinen Druck, die Situation ist schön für uns.» Seine Mannschaft könne mit Freude aufspielen, während es für andere keine sei. «Meine Jungs sind physisch und mental gut drauf.»
Der Kanadier ist überzeugt, dass sein Team die jüngsten Niederlagen gut wegsteckt und Lehren daraus zieht. So wie Tomlinson dies am Sonntagvormittag in seinem Büro am Schluefweg macht. Dabei richtet er den Fokus bereits auf die kommende Woche. Der EHC steht vor zwei wichtigen Auswärtsspielen, die durchaus wegweisend sein können. Am Dienstag geht die Reise nach Pruntrut, bei Schlusslicht Ajoie sind drei Punkte fast schon Pflicht. «Ein unangenehmer Gegner – nicht leichter als Leader Genf, aber anders», gibt Tomlinson zu bedenken. Am Samstag folgt die Partie in Lugano, ein direkter Konkurrent im Kampf um die Pre-Playoff-Plätze. Und am Sonntagnachmittag kommt mit Bern der nächste in die Stimo-Arena. «Alles brutal harte Spiele in denen wir unsere Leistung über 60 Minuten abrufen müssen, nur so haben wir eine Chance», blickt der Headcoach voraus.
Es versteht sich von selbst, dass der 52-Jährige zum Abschluss seiner erfolgreichen Trainerkarriere – per Saisonende tritt Tomlinson aus gesundheitlichen Gründen kürzer – den EHC um jeden Preis ins Pre-Playoff führen will. Seine Mannschaft weiss, was auf dem Spiel steht. «Jeder weiss, was er machen soll, nur gelingt es nicht immer.» Nun zählt der nächste Schritt, er soll Kloten zurück auf die Siegesstrasse bringen.