Der NZZ-Artikel:
Der EHC Kloten droht kurz vor der Ziellinie zu kollabieren
Die Klotener sind im Play-off-Final der Swiss League gegen den HC Ajoie noch eine Niederlage vom Saisonende entfernt. Sie hatten sich den Aufstieg zum Ziel gesetzt. Dieser Druck scheint sie nun im entscheidenden Moment zu lähmen.
Yves Tardent
Die Klotener in Rücklage – am Mittwoch stehen sie beim HC Ajoie unter Siegzwang.
Der EHC Kloten steht im Play-off-Final gegen den HC Ajoie mit dem Rücken zur Wand. Nach der 2:4-Heimniederlage vom Montag liegen die Zürcher in der Serie mit 2:3 Siegen zurück und sind eine Niederlage vom Saisonende entfernt. Ajoie hingegen kann mit einem Heimsieg am Mittwoch nach 2016 wieder Swiss-League-Meister werden – und direkt in die National League aufsteigen.
Kloten spielt in dieser Finalserie gewissermassen gegen einen ganzen Kanton. Vor der Garderobe der Jurassier ist nach dem Sieg am Montagabend viel los: Gegen zehn mitgereiste Medienvertreter befragen und filmen ein halbes Duzend glücklich lächelnde Spieler und Coachs. Das Kontrastprogramm findet derweil vor der Klotener Garderobe statt: Leere und gespenstische Ruhe. Stellung bezieht der Stürmer Jeffrey Füglister. Er sagt zunächst: «Vielleicht können wir jetzt auswärts befreit aufspielen, weil wir nichts zu verlieren haben.» In den zwei bisherigen Auswärtsspielen hat Kloten gegen Ajoie noch kein Tor zustande gebracht.
Füglister widerspricht sich selber
Hat Kloten wirklich nichts mehr zu verlieren? Stand nicht die ganze Saison im Zeichen des Aufstiegs, der heuer infolge der weggefallenen Ligaqualifikation so einfach ist wie nie in den letzten Jahren? Nun scheint Füglister selber nicht mehr an seine Aussage zu glauben und schiebt nach: «Klar haben wir Druck; den haben wir schon die ganze Saison.» Dieser Druck wird am Mittwoch in Pruntrut ins Unermessliche steigen. Angesichts der Voraussetzungen auf und neben dem Eis war schon vor der Saison klar gewesen, dass sich das Team von Headcoach Per Hanberg im Prinzip nur selber schlagen kann auf dem Weg zum ersehnten Ziel.
Mit entscheidenden Spielen haben die Klotener keine guten Erfahrungen gemacht. Am Mittwoch wird es auf den Tag drei Jahre her sein seit dem gegen Rapperswil-Jona verlorenen siebenten Spiel in der Ligaqualifikation und dem darauffolgenden Abstieg. Bisher ist Kloten den Beweis schuldig geblieben, wieder ein Siegerteam zu sein. Zur Tilgung dieses Abstiegstraumas brauchte es jetzt zwei Siege in Folge. Allerdings haben die Klotener nicht nur 2018 schlechte Erfahrungen mit Entscheidungsspielen gemacht. Schon 2009 und 2011 zogen sie im entscheidenden Moment den Kürzeren und verpassten gegen den HC Davos den Meistertitel.
Eigentlich zu gut für die Swiss League
Es scheint, als zerbreche Kloten kurz vor dem Ziel unter der Last der eigenen Erwartungen. Zwar hatte der Präsident Mike Schälchli zu Beginn der Saison gesagt, auch dann ruhig zu bleiben, wenn es mit dem Aufstieg nicht klappen sollte – doch der Weg zurück in die oberste Liga schien klar vorgezeichnet nach dem Aussetzen der Barrage gegen den Letzten der National League. Und das Kader und das Budget sind eigentlich zu gross, als dass man dieser Swiss League nach drei Jahren nicht entkommen könnte.
Doch den Spielern fehlt trotz den vielen Siegen in den letzten sieben Monaten seltsamerweise das nötige Selbstvertrauen auf dem Eis. Nach dem soliden Start in die Partie am Montag mit drei vergebenen Topchancen knickten die Klotener nach Ajoies Führungstreffer ein, sie verloren die Konzentration und kassierten 14 Sekunden später gleich das 0:2. Danach zitterten ihnen die Stöcke, sie suchten statt den Schuss den Pass oder wollten, wie der Schwede Robin Figren, gleich mit dem Kopf durch die Wand.
Dass die Nervosität gross ist am Schluefweg, hatte schon die Aufstellung Hanbergs bewiesen. Überraschend liess er mit Eric Faille und Dominic Forget zwei Spieler pausieren, die zusammen mit Figren noch im Halbfinal gegen Olten ein starkes Sturmtrio gebildet hatten und insgesamt zu den besten Skorern der Saison gehören. Steigt Kloten nicht auf, dürfte Hanbergs auslaufender Vertrag nicht verlängert werden.
Ajoie spielt mit mehr Freude
Gegenwärtig fehlt dem EHC Kloten trotz dem grossen Kader ein Spieler, wie ihn der HC Ajoie mit Reto Schmutz in seinen Reihen weiss. Der 28-jährige Thurgauer ist im Flow und hat in 15 Play-off-Partien 15 Tore erzielt, allein deren drei am Montag in Kloten. Er sagt: «Ich liebe es, für dieses Team zu spielen. Unser Zusammenhalt ist grossartig.» Von aussen entsteht der Eindruck, dass die Ajoulouts mit mehr Freude am Werk sind, während die Klotener vor allem Angst vor dem Versagen haben.
Vielleicht vermag die Geschichte Kloten zu inspirieren, im Jura mit einem Sieg zumindest ein weiteres Spiel zu erzwingen, wie es 2009 und 2011 in Davos gelungen war. Damals verlängerte beide Male ein Overtime-Treffer von Michael Liniger die Saison immerhin um eine Partie – wenn auch letztlich ohne Happy End.