https://www.watson.ch/sport/eismeister zaugg/975008768-swiss-league-kloten-wird-in-die-hoechste-liga-zurueckkehren
(Klausi widmet sich mal nicht dem SCB)
Allen ist klar, dass die Party eigentlich vorüber ist – Kloten wird aufsteigen
Kloten gewinnt den ersten Final gegen Ajoie 5:2. Aber das ist eigentlich unerheblich: Der Aufstieg ist vollbracht.
Früher gab es allerorten Tanzabende. Wenn es Zeit wurde, nach Hause zu gehen (allein oder auch nicht) und sich der Saal langsam leerte, spielte die Band leise noch ein paar Takte.
So ist es irgendwie mit dem Final der
Swiss League zwischen Kloten und Ajoie. Die Saison ist eigentlich gelaufen. Unten auf dem Eis spielen die Teams noch ein wenig. So wie damals die Band. Durchaus flott. Aber allen ist klar, dass die Party eigentlich vorüber ist.
Kloten hat die Liga im Frühjahr 2018 nach einem der aufwühlendsten Abstiegsdramen unserer Hockeygeschichte verlassen. Ein Schauspiel in sieben Akten. Nun sind die Zürcher vergleichsweise heimlich, still und leise wieder zurückgekehrt.
Eine Reise nach Kloten zum ersten Final ist wie eine Zeitreise weit zurück bis ins letzte Jahrhundert. Als Kloten noch ein meisterlicher Dorfverein war. Wer aus den blühenden Landschaften des Bernbietes kommt, für den wirkt die Flughafenstadt ein wenig trostlos. Erst das Wissen um die reiche Hockeykultur hellt die Seele allerdings wieder auf.
Verschwunden ist das hoffärtige, arrogante, selbstgefällige Gehabe aus den Zeiten des Klotener Hockey-Hochkapitalismus und des sportlichen Unverständnisses unter Präsidenten wie Philippe Gaydoul, den nordamerikanischen Besitzern und Hans-Ulrich Lehmann. Vergessen sind die zerbrochenen Meisterträume und leeren Tresore von Jürg Bircher. Am Ende dieser Jahre des Hochmutes, der Hybris und der Ignoranz stand schliesslich der sportliche Ruin. Der erste Abstieg der Klubgeschichte.
Die Hockeygötter haben diesen Wahn, mächtig zu werden wie die
ZSC Lions und alles besser zu wissen, schwer bestraft. Die Klotener haben inzwischen mit dem Abstieg Busse getan. Bescheidenheit ist eingekehrt. Freundlich und zuvorkommend sind alle Helferinnen und Helfer. Gastfreundschaft. Während das Spiel läuft, werden über die Soundanlage monotone, von Trommeln untermalte Anfeuerungsrufe eingespielt. Ein Stück Hockey-Romantik. Ein akustisches Zeichen der Verbundenheit mit den Fans, die nicht ins Stadion dürfen.
Das neue Kloten personifiziert der umtriebige Präsident Mike Schälchli. Ein charmanter, gefitzter und bestens vernetzter Macher, der in vielem an das charismatische SCB-Vermarktungsgenie Erwin Gross mahnt. Der Obmann hat verstanden, dass Kloten nicht werden kann wie die ZSC Lions. Dass Kloten auf dem Hockeymarkt nur eine Chance hat als sympathische Alternative zum mächtigen, reichen Titanen aus der grossen Stadt. Als «Anti-ZSC» sozusagen.
Gerade deshalb ist ihm bei der ganzen Sache mit den vorzeitig unter Vertrag genommenen Ajoie-Titanen Philip-Michaël Devos und Jonathan Hazen etwas unwohl. Er mag schon gar nicht mehr dementieren und hat beim «Blick», der die Sache ans Licht gebracht hat, angerufen. Aber nicht um wüst zu tun oder ein Dementi oder gar eine Gegendarstellung zu verlangen. Er hat sich lediglich bei den Hockey-Reportern Stephan Roth und Angelo Rocchinotti freundlich erkundigt, wer die ganze Sache ausgeplaudert habe. Die Quelle ist ihm natürlich nicht verraten worden.
«Wir haben doch den Aufstieg deswegen nicht gekauft »sagt Mike Schälchli. Die Angelegenheit ist ihm einfach nicht recht und man glaubt es ihm.
Die Klotener haben es ja auch nicht nötig, mit einer Schlaumeierei den Gegner zu schwächen. Sie sind besser. Der Sieg im ersten Finalspiel (5:2) war nie gefährdet und bereits der vierte in dieser Saison. Nur eine Partie in der Qualifikation und der Cup-Achtelfinal gingen verloren.
Vielleicht hätte Ajoie eine Chance, wenn die Jurassier auf einer Mission wären. Wenn sie mit heiligem Zorn, glutiger Seele und flammenden Herzen in dieses Finale gingen. So wie 2018 die Lakers in die Liga-Qualifikation gegen Kloten.
Aber ist das noch das wahre, das grosse Ajoie, das wir da im ersten Final gesehen haben? Das Ajoie, das in den letzten Jahren im Cup schon Titanen wie die ZSC Lions, Davos, Lausanne, Biel oder Langnau gebodigt hat? Nein, es war ein gut organisiertes, williges, fleissiges, aber halt gewöhnliches und braves Ajoie.
Trainer Gary Sheehan hatte eigentlich damit gerechnet, dass Jonathan Hazen für diesen ersten Final wieder ins Team zurückkehrt. «Aber er fühlte sich noch nicht fit genug. Ich gehe aber davon aus, dass er am Dienstag wieder dabei ist.» Die Dynamik und Energie des kanadischen Leitwolfes, der nächste Saison für Kloten stürmt (falls Kloten aufsteigt) fehlte dem Team bitterlich. Und Philip-Michaël Devos hat wahrscheinlich bei diesem ersten Finalspiel die schwächste Saisonleistung eingezogen. Garry Sheehan obliegt es, zusammen mit Sportchef Vincent Léchenne für nächste Saison zwei neue Ausländer zu suchen, wenn Jonathan Hazen und Philip-Michaël Devos denn tatsächlich nach Kloten zügeln.
Er kann sich Zeit lassen. Es ist nämlich nicht gänzlich auszuschliessen, dass die beiden einen Rückzieher machen und im Herbst bereits nach den Vorsaisonspielen einsehen, dass die
National League für sie inzwischen eine Nummer zu gross geworden ist. Mit ein wenig Schlauheit müsste es ja möglich sein, den Hockeyvolkszorn ganz auf den Spieleragenten Gaëtan Voisard zu lenken, der bei diesem verunglückten Transfergeschäft die Finger zuvorderst im Spiel hatte. Und die verlorenen Söhne im Jura wieder in die Arme zu schliessen wie einst den verlorenen Sohn im Buch der Bücher.
Dass die ganze Sache die Klotener schon ein wenig umtreibt, zeigt die Reaktion von Mike Schälchli auf einen gutgemeinten Vorschlag des Chronisten: Warum nicht im letzten Finalheimspiel nach der Schlusssirene Philip Michaël Devos und Jonathan Hazen per Lautsprecherdurchsage in den Mittelkreis bitten und ihnen dort feierlich zu den Klängen von Beethovens Ode an die Freude ein Kloten-Leibchen überreichen, bereits bedruckt mit Nummern und Namen? Und sie schliesslich zweisprachig begrüssen: «We warmly welcome you! Nous vous souhaitons la bienvenue!»
Mike Schälchli ist für eine solche Idee ganz und gar nicht zu erwärmen. Er mag es nicht, dass man sich über Kloten lustig macht. Und recht hat er: Die Hochachtung vor der Klotener Hockey-Kultur verbietet eigentlich auch nur die Gedanken an solchen Schabernack. Also: Sorry, Mike!
Zeigen die
Gerüchte um den bevorstehenden Wechsel der beiden Kanadier ausgerechnet zum Finalgegner Wirkung? «Nein», sagt Ajoies Trainer Garry Sheehan. «Natürlich war das in der Kabine ein Thema. Aber nur kurz. Man muss solche Gerüchte wegstecken und zur Tagesordnung zurückkehren.» Und dann sagt er, ein wenig Schalk blitzt in seinen Augen und in seiner Stimme sind leise Schwingungen der Ironie zu hören: «Wir haben beschlossen beiden zu glauben, dass da nichts dran ist.»
Es ist nicht einmal ganz sicher, ob Ajoie im Falle eines gewonnen Finals überhaupt aufsteigen würde. Niemand sagt es, aber allen – von Kult-Präsident Patrick Hauert über Trainer Garry Sheehan bis zu den Spielern – ist ganz tief in der Hockey-Seele, dort wo niemand hineinsieht, klar: eigentlich wäre die National League für Ajoie sportlich und wirtschaftlich eine Nummer zu gross. Und Liga-Manager Denis Vaucher hat für den Fall eines Falles längst juristische Brücken zu einem sanktionsfreien Aufstiegsverzicht gebaut.
Wird die National League auch für Kloten eine Nummer zu gross? Nun, nächste Saison ist der Abstieg noch einmal ausgesetzt. Die Zürcher werden also nicht absteigen. Die Frage ist, ob sie es schaffen, diese Atempause zu nützen um bis zur übernächsten Saison (2022/23) auf gutes Liga-Niveau nachzurüsten und ein tragfähiges finanzielles Fundament zu bauen. Nach dem Vorbild der Rapperswil-Jona Lakers, die im dritten Jahr seit der Rückkehr in die National League die Entwicklung von den «Miserablen» zu den «Respektablen» geschafft haben.
Das kann auch Kloten gelingen. Mit einer ersten Transfer-Schlaumeierei um die beiden Ajoie-Kanadier ist Mike Schälchli zwar ein wenig in die Bredouille geraten. Das ändert aber nichts daran, dass die Rückkehr zu den wahren Werten der Klotener Hockeykultur, zu Bescheidenheit gelungen ist. Und das ist die erste und wichtigste Voraussetzung.
Nominell dürfte die Mannschaft, die in diesem Final auf dem Eis steht, bereits auf Augenhöhe mit den
SCL Tigers stehen. Denn eine zentrale Position ist formidabel besetzt: Torhüter Dominic Nyffeler (28), der Bruder von Rappis Melvin Nyffeler (26), ist gut genug, um auch in der National League die Nummer 1 zu sein.
Liebe Klotener, willkommen zurück in der National League!