«Wir haben ein riesiges Problem» – dem Stadionbetreiber des EV Zug droht wegen explodierender Strompreise der Konkurs
Weil die Stromrechnung im kommenden Jahr voraussichtlich zehnmal höher ausfällt als bisher, ist der Weiterbetrieb des Eishockeystadions in Zug gefährdet. Der Schweizer Meister muss mit Zusatzkosten in Millionenhöhe rechnen.
Diese Woche startet die Schweizer Eishockey-Meisterschaft. Die Vorfreude ist gross. Wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine können sich einige Klubs der National League hochkarätige ausländische Spieler aus der russischen KHL leisten, die auf keinen Fall länger in Putins Paria-Staat bleiben wollen. So auch der Schweizer Meister: Der EV Zug hat auf die neue Saison hin gleich zwei Spieler aus der russischen Liga verpflichtet.
Der Krieg in der Ukraine hat für den Zentralschweizer Klub allerdings auch äusserst unangenehme Konsequenzen, wie Recherchen der NZZ ergeben. So drohen im eigenen Stadion, der Bossard-Arena, schon bald die Lichter auszugehen. Und das nicht, weil der Strom fehlt, sondern weil er so teuer ist: Schon im Januar könnte die Kunsteisbahn Zug AG, die das Stadion betreibt, nicht mehr in der Lage sein, die Stromrechnungen zu bezahlen, sofern nicht die Stadt oder der Kanton Zug mit einer Finanzspritze einspringt.
«Wir haben ein riesiges Problem mit dem Strom», sagt Daniel Wiederkehr, Geschäftsleiter der Bossard-Arena. Der Grund: Ende Jahr läuft der zurzeit geltende Dreijahresvertrag aus. Danach, so befürchtet der Stadionbetreiber, muss er zehnmal mehr für den Strom bezahlen als heute.
Kunsteisbahnen sind Stromfresser. Allein die Bossard-Arena verbraucht im Jahr 2,5 Gigawattstunden (GWh) Strom, was etwa dem Stromkonsum von rund 600 Haushalten entspricht. Weitere 0,6 GWh fallen für das Trainingszentrum und die Curling-Halle an.
Stromkosten fallen zehnmal höher aus
Bisher belief sich die Stromrechnung für diese Eisbahnen auf 400 000 Franken im Jahr. Bei den gegenwärtigen Preisen müsste die Kunsteisbahn Zug AG dafür ab Anfang Jahr vier Millionen Franken bezahlen. Kosten in dieser Höhe kann das Unternehmen jedoch nicht stemmen: «Bei diesem Preisniveau ist die Existenz unserer Firma bedroht», sagt Wiederkehr.
Wie ist es möglich, dass sich das Unternehmen in eine so missliche Lage bringen konnte? Wiederkehr sagt: «Wir müssen den Liefervertrag für Strom im dümmsten Moment erneuern. Andere Eisbahnbetreiber, deren Vertrag erst in einem oder zwei Jahren ausläuft, haben da deutlich mehr Glück.» Zum Pech kommt allerdings auch Unvermögen: So hat es die Führung des Unternehmens verpasst, den Liefervertrag zu verlängern, als die Strompreise noch tiefer waren.
Die Versäumnisse im Stromeinkauf treffen auch den EV Zug hart. «Wir sind gezwungen, die höheren Stromkosten an unsere Mieter weiterzureichen», sagt Wiederkehr. Er will mit dem Eishockeyklub in Verhandlungen treten, sobald vertraglich festgelegt ist, zu welchen Konditionen der Strom bezogen werden kann.
Die Klubführung des EV Zug rechnet bereits mit schmerzhaften finanziellen Folgen: «Einige Stromkosten werden direkt auf uns abgewälzt», erklärt eine Sprecherin des Klubs. «Daher müssen wir mit erheblichen Zusatzkosten rechnen.» Wie hoch diese ausfallen, lasse sich allerdings noch nicht abschätzen.
Die Kunsteisbahn Zug AG steht nicht zum ersten Mal am Rande des Konkurses. Bereits im letzten Jahr war das Unternehmen aufgrund der Pandemie in finanzielle Nöte geraten. Weil die Saison 2020/2021 wegen des Coronavirus schon im Januar 2021 zu Ende ging, brachen die Einnahmen weg, obwohl die Saison des EV Zug aus sportlicher Sicht mit dem Gewinn des Meistertitels ausserordentlich erfolgreich verlaufen war. Die Stadt Zug wie auch der EV Zug halfen damals mit, dass die Bilanz des Unternehmens nicht deponiert werden musste.
Nun droht ein ähnliches Szenario. Man sei mit Hochdruck daran, eine Lösung zu finden, die für die Kunsteisbahn Zug sowie die involvierten Partner zufriedenstellend sei, erklärt André Wicki, Vorsteher des Finanzdepartements der Stadt Zug. Im Zentrum der Bestrebungen stehe, dass der Betrieb der Bossard-Arena auch im kommenden Jahr gewährleistet werden könne. Wicki betont, dass die Kunsteisbahn Zug kein Einzelfall sei. Eine Vielzahl von KMU sei von den höheren Strompreisen existenziell bedroht. «Es braucht für diese Betriebe Unterstützungsmassnahmen durch die öffentliche Hand», so der Zuger Stadtrat.
Dem Vernehmen nach prüft die Kunsteisbahn Zug unter anderem auch, sich mit einem «Buebetrickli» aus der schwierigen Situation zu befreien. Das Energiegesetz sieht vor, dass Stromkonsumenten über den Umweg einer Verbrauchergemeinschaft in die Grundversorgung wechseln können. Sie müssen dann nur noch die deutlich tieferen, regulierten Preise bezahlen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das Unternehmen Partner für einen solchen «Zusammenschluss zum Eigenverbrauch» findet. Auch ist unklar, ob die Bundesbehörden einer solchen Schlaumeierlösung grünes Licht erteilen.
Energiekrise gefährdet Amateurklubs
Der EV Zug ist nicht der einzige Hockeyklub, dem die Energiekrise zu schaffen macht. «Wegen der hohen Strompreise wird die Eisproduktion deutlich teurer», sagt Thomas Hobi, Sprecher der Swiss Ice Hockey Federation. Viele Klubs könnten sich die Eismiete nur noch reduziert oder gar nicht mehr leisten. Davon betroffen sei aber nicht in erster Linie der Profisport, sondern Amateur- und Nachwuchsklubs ohne eigenes Eis: «Ihr Weiterbestehen könnte durch die gegenwärtige Energiekrise gefährdet sein.»
Auch National-League-Direktor Denis Vaucher betont, dass es eher die kleineren Klubs der Amateur-Ligen seien, welche die höheren Strompreise zu spüren bekommen. Die Betroffenheit sei allerdings höchst unterschiedlich: «Je nach Stromversorger sind für einige Klubs die Preiserhöhungen dramatisch, andere bleiben davon ganz verschont.»
In der National League sind die meisten Klubs Generalmieter der Eishallen. Laut Vaucher sehen die Mietverträge mit den Hallenbesitzern in der Regel einen Fixbetrag vor, bei dem die Eisaufbereitung und die Stadionbeleuchtung inbegriffen sind. «Diese Klubs sind deshalb vor den explodierenden Strompreisen geschützt.» So können etwa dem SC Bern die Strompreise egal sein. Sein Mietvertrag läuft noch neun Jahre.